BGH: Online-Händler dürfen auf Musterbelehrung vertrauen

Internet, IT und Telekommunikation
17.08.2012262 Mal gelesen
Wer als Unternehmer die aktuelle Musterbelehrung in Online-Shop verwendet darf normalerweise auch nicht dann abgemahnt werden, wenn diese fehlerhaft ist. Dies ergibt sich aus einem neuen Urteil des Bundesgerichtshofes.

Im vorliegenden Fall verwendete eine Leasinggesellschaft im Jahre 2006 eine Widerrufsbelehrung, die genau dem Wortlaut der zu dieser Zeit empfohlenen amtlichen Musterbelehrung entsprach. In dieser wurde darauf hingewiesen, dass die Widerrufsfrist "frühestens" mit Erhalt dieser Belehrung beginnt. Nachdem der Kunde im November 2006 einen Leasingvertrag über einen PKW über eine Laufzeit von 54 Monaten abgeschlossen hatte, zahlte er die vereinbarten Leasingraten nur bis Mai 2009. Aufgrund der ausbleibenden Zahlungen kündigte die Leasinggesellschaft den Leasingvertrag im September 2009 fristlos und verlangte die Entrichtung der offenen Leasingraten. Nachfolgend widerrief der Verbraucher am 22.02.2010 den abgeschlossenen Leasingvertrag. Er berief sich darauf, dass die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht zu laufen begonnen habe. Im Folgenden verklagte die Leasinggesellschaft den Verbraucher auf Zahlung insbesondere der nicht gezahlten Leasingraten.

 

Der Bundesgerichtshof stellte in letzter Instanz mit Urteil vom 15.08.2012 (Az. VIII 378/11) klar, dass der Kunde zahlen muss. Zwar genügt die Widerrufsbelehrung eigentlich nicht den Anforderungen des Deutlichkeitsgebotes bei Verbraucherverträgen. Denn der Verbraucher weiß wegen der Verwendung der Formulierung "frühestens" nicht genau, wann die Widerrufsfrist zu laufen beginnt. Darauf kann er sich hier allerdings nicht berufen, weil die Widerrufsbelehrung exakt mit der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Verfügung gestellten amtlichen Musterbelehrung übereinstimmt. Diese gilt gemäß § 14 Abs. 1 der BGB- Informationspflichten-Verordnung (a.F.) als ordnungsgemäß. Das bedeutet, dass hier dem Online-Händler kein Vorwurf gemacht werden darf, weil er sich auf die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aktuelle Musterbelehrung verlassen hatte.

 

Als Online-Händler müssen Sie darauf achten, dass Sie die von Ihnen in Ihrem Online-Shop verwendete Widerrufsbelehrung stets auf dem neuesten Stand halten. Sie müssen die jeweils neueste amtliche Musterbelehrung verwenden und dürfen von deren Wortlaut auch nicht geringfügig abweichen. Ansonsten müssen Sie mit einer Abmahnung rechnen und dass Kunden auch nach langer Zeit noch von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Bitte beachten Sie, dass mittlerweile das Wort "frühestens" nicht mehr in der Widerrufsbelehrung verwendet werden darf - das inzwischen auch nicht mehr in dem amtlichen Muster für eine Widerrufsbelehrung steht.

 

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