BGH: Keine Sperrung des Handy-Anschlusses wegen minimaler Forderung

Internet, IT und Telekommunikation
18.02.2011995 Mal gelesen
Der Bundesgerichtshof hat eine Klausel für unwirksam erklärt, nach der ein Mobilfunk-Anbieter bereits bei einem geringfügigen Zahlungsrückstand den Handy-Anschluss sperren durfte. Diese Entscheidung ist zu begrüßen, weil die Sperrung eine gravierende Maßnahme darstellt. Zudem dürfen Handy-Kunden nicht schlechter behandelt werden als die Inhaber eines Festnetz-Anschlusses.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände e. V. beanstandete u. a. drei Klauseln der von der Beklagten - einem Telekommunikationsunternehmen - in Verträgen mit Verbrauchern über Mobilfunkleistungen verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zu den beanstandeten Klauseln gehörte unter anderem die folgende Bestimmung:

"Ist der Kunde mit Zahlungsverpflichtungen in Höhe von mindestens 15,50 € in Verzug, kann congstar den Mobilfunkanschluss auf Kosten des Kunden sperren."

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung der Verwendung dieser Klausel verurteilt.

Das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten im Hinblick auf diese Klausel zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag hinsichtlich der Klausel Nr. 11.2 weiter verfolgt. Die Revision ist erfolglos geblieben.

Hierzu stellte der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 17.02.2011 fest, dass diese Klausel nicht einer Inhaltskontrolle stand hält und nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist (Az. III ZR 35/10). Sie benachteiligt die jeweiligen Mobilfunkkunden der Beklagten entgegen Treu und Glauben unangemessen. Die Sperre des Mobilfunkanschlusses stellt der Sache nach die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts dar. Insbesondere von § 320 Abs. 2 BGB weicht die Klausel Nr. 11.2. zum Nachteil des Kunden ab. Ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der noch zu erbringenden Mobilfunkdienstleistungen steht der Beklagten danach nicht zu, wenn nur ein verhältnismäßig geringfügiger Teil der Gegenleistung noch offen steht. Dies kann bei einem Verzug mit einem Betrag von 15,50 Euro, der nach der Klausel die Sperre rechtfertigt, nicht ausgeschlossen werden.

Dabei hat der Senat insbesondere in Betrachtung gezogen, dass der Gesetzgeber in § 45k Abs. 2 Satz 1 TKG für die Telefondienstleistungsunternehmen im Festnetzbereich als Voraussetzung für eine Sperre den Betrag von 75 € festgelegt hat. Der Bundesgerichtshof hat diese gesetzgeberische Wertung im Rahmen der Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Verträge über Mobilfunkdienstleistungen für übertragbar gehalten.

Fazit:

Daraus ergibt sich, dass derartige Klauseln in Mobilfunkverträgen normalerweise unwirksam sind. Sie dürfen nicht bereits bei einer offenen Forderung unter 75 € eine Sperrung des Mobilfunkanschlusses erlauben. Dem Betreiber darf hier auch nicht einfach - wie im vorliegenden Fall - ein freier "Ermessensspielraum" eingeräumt werden. Denn viele Handybesitzer verfügen mittlerweile nicht mehr über einen Festnetzanschluss, so dass sie dringend auf ihr Mobiltelefon angewiesen sind.

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 31/2011 vom 17.02.2011. Die vollständige Pressemitteilung können Sie hier aufrufen.