Bestehendes Medizinisches Versorgungszentrum darf weiteres MVZ gründen

Bestehendes Medizinisches Versorgungszentrum darf weiteres MVZ gründen
29.03.2017135 Mal gelesen
Darf ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) ein weiteres MVZ gründen?

Das Landessozialgericht Hessen sagt "ja". Dieses noch nicht rechtskräftige Urteil vom 30.11.2016 (Az.: L 4 KA 20/14) kann von erheblicher Bedeutung für die Personen und Gruppen sein, die nach einer Gesetzesänderung von der Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums ausgeschlossen sind.

Durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz wurden die Voraussetzungen für die Gründung eines MVZ zum 1. Januar 2012 deutlich enger gefasst. Demnach darf ein Medizinisches Versorgungszentrum nur noch von zugelassenen Ärzten und Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Abs. 3 SGB V oder von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, gegründet werden. Hintergrund ist, dass dadurch Investoren ohne ärztlichen Hintergrund von der ambulanten medizinischen Versorgung ferngehalten werden sollen. "Das Urteil des LSG Hessen hat aber eine enorme Tragweite und eröffnet bereits bestehenden Versorgungszentren die Möglichkeit, eine neues MVZ zu gründen", sagt Rechtsanwalt Jens Schulte-Bromby, Partner bei der Kanzlei AJT in Neuss und dort Ansprechpartner für Medizinrecht.

In dem Fall ging es um einen Apotheker, der bereits 2010 ein MVZ gegründet hatte und nach der Gesetzesänderung ein weiteres gründen wollte. Nach dem Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes wäre er dazu eigentlich nicht mehr berechtigt gewesen. Allerdings sei das bestehende MVZ berechtigt, ein weiteres MVZ zu gründen, stellte das Hessische Landessozialgericht fest. Dies werde zwar im Gesetz nicht explizit als gründungsberechtigt aufgeführt. Das Gründungsrecht für zugelassene Ärzte und Krankenhäuser könne aber auch auf ein MVZ angewendet werden, stellte das Gericht fest.

Der Zweck des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes stehe dem nicht entgegen. Denn damit sollte die Gründungsberechtigung für MVZ auf die Leistungsträger konzentriert werden, die auch bisher den Großteil der ambulanten und stationären Versorgung der Versicherten geleistet haben. Ein bestehendes MVZ zähle zu diesem Kreis. Das Risiko, dass Mittel des Gesundheitswesens an private, rein gewinnorientierte Organisationen abfließen und medizinische Entscheidungen durch diese Interessen beeinflusst werden, sei bei einem MVZ auch nicht höher einzustufen als bei den ausdrücklich zugelassenen Krankenhäusern.

Das Landessozialgericht hat die Revision zugelassen. "Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen. Bestätigt das Bundessozialgericht das Urteil, eröffnet es in jedem Fall neue Optionen bei der Gründung eines MVZ", so Rechtsanwalt Schulte-Bromby.


Mehr Informationen: https://www.ajt-neuss.de/medizinrecht