BAG: unwirksame Kündigung führt nicht zwingend zu Gehaltsansprüche des Arbeitsnehmers - kein Annahmeverzug bei Erwerbsunfähigkeit

Arbeit Betrieb
07.09.20083316 Mal gelesen

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, daß im Falle einer unwirksamen Kündigung der Arbeitnehmer trotzdem keinen Lohn verlangen kann, wenn in dieser Zeit arbeitsunfähig war.

Wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kündigt, kann dies sehr teuer für ihn werden: wenn das Arbeitsgericht die Kündigung für unwirksam erklärt, dann muß der Arbeitgeber den Lohn zahlen, obwohl der Arbeitnehmer die Vergütung nicht gearbeitet hat. Dies soll aber dann nicht gelten, wenn der Arbeitnehmer in dieser Zeit arbeitsunfähig war. Dies hat das BAG jetzt entschieden.

1. Sachverhalt gemäß Pressemitteilung des BAG vom 27.08.2008
Die Klägerin war in einer Molkerei beschäftigt und meldete sich nach ca. eineinhalbjähriger krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bei ihrem Arbeitgeber arbeitsfähig. Der Arbeitgeber hielt sie dagegen noch für arbeitsunfähig und kündigte ihr. Gegen die Kündigung erhob die Arbeitnehmerin Klage und gewann diese auch. Das Urteil war in diesem Punkt auch rechtskräftig. Das Gericht sprach der Klägerin auch eine Vergütung zu, weil die Kündigung rechtswidrig war.

2. Rechtlicher Hintergrund
a) Ein Annahmeverzug des Arbeitgebers liegt vor, wenn der Arbeitgeber sich weigert einen Arbeitnehmer zu beschäftigen und aus diesem Grunde die Arbeitsleistung ausbleibt. Ein Beispiel für den Annahmeverzug ist eine unwirksame und rechtswidrige Kündigung des Arbeitnehmers. Wenn der Arbeitnehmer nach Erhalt seiner Kündigung seine Arbeitsleistung weiterhin angeboten hat und nimmt der Arbeitnehmer dieses Angebot nicht an, kann folgendes passieren: War die Kündigung unwirksam, muß der Arbeitgeber den Lohn nachzahlen, egal ober der Arbeitnehmer gearbeitet.

b) Was sind die Voraussetzungen für den Annahmeverzug?

Damit ein Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten kann, muss

aa) generell ein Arbeitsverhältnis bestehen,
bb) ein tatsächliches Angebot gem. § 294 BGB und ein wörtliches Angebot gem. §295 BGB des Arbeitnehmers vorliegen,
Tatsächlich heißt dabei, dass der Arbeitnehmer das Angebot in eigener Person, an der Arbeitsstelle selbst und zu einer Zeit anbietet, in der der Arbeitgeber in der Lage ist das Angebot anzunehmen.
cc) der Arbeitnehmer zur Leistung imstande sein,
Ist der Arbeitnehmer dauerhaft daran gehindert Leistung zu erbringen, wird die Arbeitsleistung unmöglich und ein Annahmeverzug des Arbeitgebers scheidet aus.
dd) der Arbeitnehmer während des gesamten Verzugszeitraums auch leistungswillig war.

Außerdem muss der Arbeitgeber die angebotene Leistung auch nicht angenommen haben. Das ist beispielsweise der Fall, wenn er dem Arbeitnehmer keinen Arbeitsplatz zuweist, sodass dieser die erforderliche Leistung nicht erbringen kann oder wenn er ihm eine andere als die geschuldete Arbeitsleistung zuteilt.
Wenn die genannten Voraussetzungen entfallen z.B. durch Handlungen des Arbeitgebers entfallen, ist der Annahmeverzug beendet.

c) Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Annahmeverzug?
Gerät der Arbeitgeber in den Annahmeverzug entsteht für den Arbeitnehmer ein Anspruch auf den vertraglich festgelegten Bruttolohns, ohne das dieser die Arbeitsleistung im Nachhinein noch erbringen muss ( § 615 Satz 1 BGB). Dies ist jedoch kein Schadensersatzanspruch, sondern, lediglich um einen Erfüllungsanspruch. Die Höhe des Vergütungsanspruchs richtet sich nach der bisherigen Stellung des Arbeitsnehmers. Es wird demnach angenommen, dass der Arbeitnehmer in der gleichen Weise weiter gearbeitet habe, wie zu der Zeit, in der er tatsächlich noch gearbeitet hat. Es werden also auch Überstunden etc. berücksichtigt.Der Anspruch der Vergütung unterliegt der regelmäßigen Verjährung von 3 Jahren iSd §§ 195, 199 BGB.

3. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27.08.2008  (Az.: 5 AZR 16/08)
Grundsätzlich könne die Klägerin nur dann die Vergütung verlangen, wenn sie arbeitsfähig war. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Lehnt die Arbeitnehmer auch eine zumutbare Tätigkeit ab, so könne sie später auch keine Vergütung verlangen. Die Angelegenheit müsse aber noch durch das Landesarbeitsgericht aufklärt werden, denn es sei noch nicht hinreichend klar, welche Arbeiten die Klägerin angeboten erhielt und welche sie abgelehnt hatte.

4. Fazit
Gewinnt man ein Kündigungsschutzverfahren bedeutet dies für den Arbeitnehmer nicht zwingend, daß er trotzdem sein Gehalt erhält. Er muß zum einen seine Arbeitsleistung angeboten haben und zum anderen muß der Arbeitnehmer auch fähig gewesen sein, seine Arbeiten zu verrichten.

5. Quellen
Pressemitteilung Nr. 66/08 des Bundesarbeitsgerichts vom 27. August 2008 - 5 AZR 16/08. Abrufbar unter: www.bundesarbeitsgericht.de (Rubrik: Pressemitteilungen)

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Klaus Wille
Rechtsanwalt 
und Fachanwalt für Familienrecht
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