Arbeitgeber kann schon am ersten Krankheitstag ein Attest verlangen

Arbeit Betrieb
14.11.2012324 Mal gelesen
Die Arbeitnehmerin ist als Redakteurin bei einer Rundfunkanstalt beschäftigt. Sie stellte für den 30.10.2010 einen Dienstreiseantrag. Dieser wurde abgelehnt.

Ein später gestellter Dienstreiseantrag für den 29.10.2010 wurde ebenfalls abgelehnt. Die Arbeitnehmerin meldete sich in der Folge am 30.10.2010 krank, war aber bereits am 01.11.2010 wieder arbeitsfähig. In Reaktion hierauf erteilte der Arbeitgeber die Weisung, die Arbeitnehmerin müsse fortan bereits am ersten Tag der Krankmeldung ein ärztliches Attest über die Arbeitsunfähigkeit vorlegen. Hiergegen wendete sich die Arbeitnehmerin und erhob Klage vor dem Arbeitsgericht.

2. Die gesetzliche Ausgangslage

Die Frage nach der Vorlage eines Attestes ist in § 5 Abs.1 Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt. Hiernach ist der Arbeitnehmer bei Krankheit ab dreier Tage verpflichtet, ein ärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich die Arbeitsunfähigkeit ergibt. Weiter regelt das Gesetz, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, ein entsprechendes Attest auch schon früher zu verlangen. Unter welchen Umständen ein Attest bereits früher verlangt werden kann, sagt das Gesetz nichts.

3. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber ein entsprechendes Attest auch schon früher verlangen darf. Hierbei stellte das BAG ausdrücklich klar, dass die Ausübung des Rechtes im Ermessen des Arbeitgebers liegt. Insbesondere sei der Arbeitgeber nicht gehalten, erst einen begründeten Verdacht aufkommen zu lassen, wonach beispielsweise die Krankheit des Arbeitnehmers nur vortäuscht sei. Mit anderen Worten: dem Arbeitgeber steht es grundsätzlich frei, ohne nähere Begründung schon zum ersten Krankheitstag hin ein Attest zu verlangen.

4. Fazit

Der Arbeitgeber muss sich fortan nicht vorhalten lassen, es müsse zunächst einen begründeten Verdacht geben, wonach der Arbeitnehmer beispielsweise in kurzen Zeitabständen immer mal wieder für eine kurze Zeit krank sein würde. Vielmehr kann der Arbeitgeber nach eigenem Ermessen bei einzelnen oder sämtlichen Arbeitnehmern die Vorlage eines Attestes verlangen. Der Gesetzeswortlaut ist nur durch eine Regelung im Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag abbedingbar. Dies schafft dem Arbeitgeber die Möglichkeit, kostenintensiven "Kurzkrankmeldungen" bei Missbrauch besser zu begegnen.

Auf der anderen Seite wird abzuwarten bleiben, ob Arbeitgeber sich so verständig zeigen, von dieser Regelung tatsächlich nur dann Gebrauch zu machen, wenn

hierfür auch ein tatsächliches Erfordernis besteht. Anderen Falles würde dem Arbeitnehmer möglicherweise unnötig aufgebürdet, einen halben Tag mit dem Besuch beim Arzt aufzuwenden. Und dies mag gelegentlich der Gesundheit weniger zuträglich sein, als einen Tag bei Tee im Bett zu verbringen.

 

Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. November 2012 - 5 AZR 886/11