Anfechtung & Rücktritt - Private Krankenversicherung

Anfechtung & Rücktritt - Private Krankenversicherung
12.01.2015932 Mal gelesen
Anfechtung & Rücktritt - Private Krankenversicherung

Rücktritt

Die vorvertraglichen Umstände sind auf Umstände beschränkt, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG. Die in einem Formular eines Maklers gestellten Gesundheitsfragen sind grundsätzlich keine Fragen des Versicherers gemäß § 19 Abs. 1 VVG, wonach ein Rücktrittsrecht ausscheidet.

Eine vorvertragliche Anzeigeoblie-genheit besteht nur bei Fragen des Versicherers, nicht aber bei Fragen des Maklers, es sei denn, der Versicherer macht sich die Fragen des Maklers "zu eigen" . Der Verfasser der Fragen muss für den Versicherungsnehmer erkennbar sein.

Ein Rücktrittsrecht nach § 19 Abs. 2 VVG des Versicherers ist nur noch dann gegeben, wenn die Anzeigepflicht mindestens grob fahrlässig verletzt wurde, § 19 Abs. 3 Satz 1 VVG.

Hätte der Versicherer in Kenntnis eines Verschwiegenen Umstandes den PKV-Vertrag nur zu anderen Bedingungen abgeschlossen (Risikozuschlag oder Leistungsausschluss), dann kann er nur verlangen, dass dies nachträglich Vertragsbestandteil wird, § 19 Abs. 4 Satz 2 VVG.

Der Versicherungsnehmer kann dann bei einer Prämienerhöhung um mehr als 10 % den Vertrag fristlos kündigen, § 19 Abs. 6 Satz 1 VVG.

Anzeigepflichtige Umstände

Anzeigepflichtig sind alle subjektiven und objektiven Gefahrumstände, die für die Einschätzung des vom Versicherer zu übernehmenden Risikos von Bedeutung sind . Gefragt wird nach Beschwerden, Behandlungen, Krankheiten und Unfallfolgen. Anzugeben sind stationäre Aufenthalte vor der Antragstellung. Gefragt wird auch nach beabsichtigten oder geplanten medizinischen Behandlungen. Weiterhin wird oft darauf hingewiesen, dass auch unwesentliche Dinge angegeben und benannt werden müssen. Die Folge ist, dass auch Bagatellerkrankungen vorvertraglich anzugeben sind , die der Versicherungsnehmer kannte . Die Frage des Versicherers nach Gesundheitsstörungen umfasst jede Gesundheitsbeeinträchtigung, die nicht offensichtlich belanglos ist .

Umstände, von denen der Versicherungsnehmer erst nach Antragstellung Kenntnis erlangt bzw. die erst nach diesem Zeitpunkt in Erscheinung treten, mussten früher nachgemeldet werden . Da nach der VVG Novelle der Vertrag durch Übersendung des Versicherungsscheins zustande kommt, ist für eine Nachmeldung kein Raum.

Erhebt der Versicherungsnehmer bei erfolgtem Rücktritt Klage, dann muss der Versicherer alle den Rücktritt begründenden Umstände beweisen.
. Er muss beweisen, dass der Versicherungsnehmer gefahrerhebliche Umstände nicht oder falsch angezeigt hat.
. Er muss auch beweisen, dass der Versicherungsnehmer die Umstände kannte.
Der Versicherungsnehmer muss alle den Rücktritt aufhebenden Umstände beweisen. Hierzu gehört das mangelnde Verschulden sowie der Nachweis der Kenntnis des Versicherers .

Anfechtung

Wird die Anzeigepflicht arglistig verletzt, dann kann der Versicherer den Vertrag anfechten, §§ 22 VVG, 123 BGB. Der Vertrag ist dann von Anfang an nichtig. Es gibt keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass der Versicherungsinteressent, der Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früheren Behandlungen unrichtig beantwortet, stets die Absicht verfolgt, auf den Willen des Versicherers Einfluss zu nehmen. Häufig werden unrichtige Angaben etwa aus Gleichgültigkeit, Trägheit oder in der Annahme gemacht, die erlittenen Krankheiten seien bedeutungslos. Deshalb muss der Versicherer nachweisen, dass der Versicherungsnehmer erkannt und gebilligt hat, der Versicherer werde bei wahrheitsgemäßen und vollständigen Antworten seinen Antrag nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen . Liegen objektive Falschangaben vor, ist es im Grundsatz Sache des Versicherungsnehmers, substantiiert plausibel zu machen, warum und wie es zu diesem gekommen ist . Wenn ein Versi-cherungsnehmer schwere Erkrankungen nicht angibt, dann ist schon dies ein hinreichendes Indiz für die Absicht, den Versicherer zum Vertragsschluss zu bewegen oder zum Einräumen günstiger Konditionen zu veranlassen . Ein Fehlverhalten des Maklers bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen, das eine arglistige Täuschung darstellt, muss sich der Versicherungsnehmer gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen, da der Makler nicht Dritter im Sinne von § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB ist . Gibt der Versicherungsnehmer beim Antrag auf Abschluss eines Krankenversicherungsvertrags fünf fehlende Zähne nicht an und beginnt er wenige Monate nach Vertragsschluss mit deren Sanierung, liegt Arglist vor.

Per Theobaldt, Berlin

Rechtsanwalt