Amtshaftung: Jugendamt haftet wegen fehlerhaftem Gutachten der von ihm beauftragten Rechtsmedizinerin bezüglich Abschätzung einer Kindeswohlgefährdung

Amtshaftung: Jugendamt haftet wegen fehlerhaftem Gutachten der von ihm beauftragten Rechtsmedizinerin bezüglich Abschätzung einer Kindeswohlgefährdung
03.03.20172733 Mal gelesen
OLG Koblenz: § 839 BGB verdrängt als vorrangige Spezialregelung konkurrierende Ansprüche aus den §§ 823 BGB und § 839a BGB.

Jugendamt haftet wegen fehlerhaftem Gutachten des von ihm beauftragten Sachverständigen bezüglich Abschätzung einer Kindeswohlgefährdung

Dies hat das OLG Koblenz mit Urteil vom 18.03.2016 (1 U 832/15) entschieden.

Folgendes war passiert:

Die beklagte Fachärztin für Rechtsmedizin war von einem Jugendamt mit der Erstellung einer Gutachtens zu der Frage beauftragt worden, ob sich anhand der Krankenunterlagen Anhaltspunkte für misshandlungsbedingte Verletzungen der beiden Kleinkinder der klagenden Eltern ergäben.

Während die Beklagte in ihrem Gutachten bei einem der Kinder genügende Anhaltspunkte für eine sichere Beurteilungsgrundlage vermisste, äußerte sie bei dem anderen Kind einen hochgradigen Verdacht auf ein Schütteltrauma. Von anderer ärztliche Seite genannte Alternativursachen wie einen erblich bedingten sog. Wasserkopf sowie einen stattgefundenen Verkehrsunfall schloss die Beklagte als Ursachen ausdrücklich aus.

Auf Grundlage des Gutachtens der Beklagten wurden beide Kinder durch Entscheidung des Familiengerichts für über ein halbes Jahr in Pflegefamilien untergebracht.

Spätere Gutachten gelangten jedoch zu dem Ergebnis, dass die festgestellten Auffälligkeiten Folge eines Wasserkopfes waren.

Der Klage der Eltern gegen die Ärztin gab das Landgericht in erster Instanz dem Grunde nach statt.

Die Berufung der Beklagten war erfolgreich.

Zwar habe das Landgericht zutreffend festgestellt, dass die Beklagte grob fahrlässig ein fehlerhaftes Gutachten erstellt habe, indem sie zum einen ohne jegliche Begründung kategorisch ausgeschlossen habe, dass die festgestellten Auffälligkeiten von einem Wasserkopf stammen könnten und hinsichtlich der Verkehrsunfallanalyse sich fachfremde Kompetenzen angemaßt habe.

Unzutreffend jedoch habe das Landgericht eine persönliche Haftung der Beklagten angenommen. Diese habe in Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt. Hierdurch sei eine befreiende Haftungsübernahme durch den Landkreis als Träger des zuständigen Jugendamtes eingetreten.

********************************************************************************************

Bei Fragen zu dem obenstehenden Beitrag senden Sie RA Skwar gerne unverbindlich eine E-Mail, er  wird Ihnen schnellstmöglich antworten.