Ab 01.05.2014 gilt das neue Punktesystem – Eine Bilanz

anwalt24 Fachartikel
12.08.2015195 Mal gelesen
Bis dahin erfolgte ein Entzug der Fahrerlaubnis erst bei 18 Punkten. Die neue Regelung sieht einen Entzug schon bei 8 Punkten vor.

Kernstück der Reform ist, daß nur Delikte eingetragen werden, die Einfluß auf die Verkehrssicherheit haben (sollen).

Nach der neuen Regelung wird die Fahrerlaubnis schon bei 8 Punkten entzogen, dafür werden für jedes Delikt weniger Punkte vergeben. Wer nicht mehr als 5 Punkte gesammelt hat, kann mit der freiwilligen Teilnahme an einem Fahreignungsseminar einen Punkt abbauen, allerdings nur einmal in 5 Jahren. Ein solches (teures) Seminar lohnt sich wegen der meist kürzeren Tilgungsfristen eigentlich nicht.

Die Punkte für jedes Delikt verfallen nämlich nach festen Tilgungsfristen, alte Punkte leben bei neuen Verstößen nicht wieder auf. Dafür werden die Löschungsfristen verlängert. Delikte mit einem Punkt (Schwerer Verstoß) werden nach zweieinhalb Jahren, Delikte mit 2 Punkten (Besonders schwere Verstöße) nach 5 Jahren, Straftaten ohne Entziehung der Fahrerlaubnis nach 5, diejenigen mit Fahrverbot nach 10 Jahren gelöscht.

Damit verschob sich das System erheblich zum Nachteil von bisherigen vergleichsweisen Bagatellverstößen. Verkehrsstraftäter erhalten maximal 3 Punkte, egal wie schwer der Verstoß war (Nötigung, Verkehrsgefährdung, Fahrlässige Tötung). Für eine Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts ab 41 km/h erhalten Sie genauso viele Punkte (nämlich 2) wie bei Straftaten ohne Entziehung der Fahrerlaubnis. Für Telefonieren am Steuer erhält man wie bisher 1 Punkt. Eine fahrlässige Tötung mit Fahrverbot und Geld- oder Freiheitsstrafe wurde vor der Reform mit 5 Punkten sanktioniert, nun nur noch mit 2 Punkten. Telefonieren am Steuer wird also unverhältnismäßig hoch, Straftaten werden dagegen unverhältnismäßig niedrig geahndet.

Bis zu 3 Punkten erfolgt eine Vormerkung im Verkehrszentralregister, ab 4 bis 5 Punkten eine gebührenpflichtige Ermahnung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, einen Punkt durch Teilnahme an einem Fahreignungsseminar abzubauen. Bei 6 bis 7 Punkten erfolgt eine Verwarnung, Punktabzug durch die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar ist nicht mehr möglich. Bei 8 Punkten wird der Führerschein entzogen und frühestens 6 Monate später nach erfolgreicher MPU wiedererteilt.

Laut Medienberichten sollen seit Inkrafttreten des neuen Systems ca. 140.000 Ermahnungen, 37.000 Verwarnungen und 3.500 Entziehungen der Fahrerlaubnis durch die zuständigen Führerscheinstellen ausgesprochen worden sein.

Die Einzelverjährung ist wohl die wichtigste und beste Regelung der geplanten Reform. Allerdings kann die Höchstgrenze von 8 Punkten nach der neuen Regelung schneller erreicht werden, insbesondere durch Tempoverstöße. Der Deutsche Anwaltverein befragte seine Mitglieder zu Ihrer Einschätzung nach Inkrafttreten der Reform. Diese Befragung hatte das Ergebnis, daß die Reform gerade nicht zu mehr Verkehrssicherheit geführt habe, sondern vielmehr Vielfahrer benachteilige. Dem schließe ich mich aus meiner eigenen beruflichen Erfahrung an. Gerade Tempolimits sollte man penibel einhalten und Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung unterlassen. 8 Punkte sind schnell zusammen..

 

Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.

Mail:kanzlei@anwalthesterberg.de